Svante Freerksen, Geschäftsführer einer IT-Personalberatungsboutique
Soziale Medien haben die Art und Weise verändert, wie Menschen Informationen finden und mit Marken kommunizieren. Das hat natürlich Auswirkungen auf das Recruiting: In Zeiten des Fachkräftemangels können es sich Unternehmen nicht mehr leisten, auf diese Kanäle zu verzichten. In diesem Zuge nutzen HR Abteilungen immer stärker die aktive Talentsuche via social media, da die klassische „post & pray“ Strategie nicht geeignet ist, um dringende Positionen zu besetzen.
Wenn Sie gerade mit dem social media Recruiting („Active Sourcing“) beginnen, habe ich einige Tipps, die Ihnen helfen können. Denn auch wenn es sich dabei nicht um Raketenwissenschaft handelt, kann in diesem Bereich vieles falsch gemacht werden – im schlimmsten Fall mit empfindlichen Auswirkungen auf Ihren Ruf als Arbeitgeber. Da dieses Thema sehr vielschichtig ist, empfehle ich Ihnen dringend, im Vorfeld die einzelnen Aspekte tiefergehend vorzubereiten z.B. mit Expertenblogs oder Foren.
Definieren Sie Ihre Zielgruppe:
Wie auch im Marketing und Vertrieb ist es wichtig, dass Sie im Vorfeld klar festhalten, wen Sie suchen. Hierzu bietet sich die Erstellung einer Candidate Persona an. Nach welchen Stichworten wollen Sie genau suchen? Welche Themen erscheinen oft bei Experten in diesem Bereich? Welche Punkte sind im Regelfall interessant für die Kandidaten und wie können Sie an diesen bedarfsspezifisch mit Ihren Benefits „andocken“? Welche Region ist interessant?
Verwenden Sie eine relevante Plattform:
LinkedIn und XING sind im Regelfall das absolute Minimum. Aber auch außerhalb davon gibt es Plattformen, die sich anbieten wie z.B. Expertenforen oder Vereine, die hochrelevante Spezialisten frequentieren, welche eventuell nicht in den gängigen Netzwerken vertreten sind.
Definieren Sie Ihre Suche:
Die Qualität Ihrer Suchkriterien entscheidet über den gesamten weiteren Erfolg. Sie können z.B. nach dem Stellentitel, Fähigkeiten oder Regionen suchen. Je nach Plattform gibt es unterschiedliche Optionen, wie Sie die Suche optimal aufsetzen können: Während bei XING die Suche nach Sprachkenntnissen möglich ist, ist dies bei LinkedIn häufig eher schwierig.
Grundsätzlich beinhaltet eine effektive Suche Mechaniken, die auch bei OSINT zum Einsatz kommen. Sie sollten sich daher eine gute Übersicht über Boolesche Operatoren wie z.B. AND / & oder OR / | und die Besonderheiten der Suchmechanismen verschaffen. Da darüber hinaus jede der Plattformen nicht immer sämtliche tatsächlichen Ergebnisse in Ihrer Suche anzeigt (siehe dieses Beispiel oder dieses), sollten Sie über die Plattformen hinaus sogenannte X-Ray Searches durchführen, um sicherzustellen, dass Sie das Maximum an Kandidaten finden.
Die Kontaktaufnahme:
Neben der Suchdefinition ist dies der relevanteste Part. Dieses Mal mit der Nebenwirkung, dass das Risiko bei Fehlern um Einiges höher ist, da Sie nach außen kommunizieren.
Hier stellt sich die Frage, wie Sie die Talente am erfolgversprechendsten kontaktieren können. Im Gegensatz zu Kandidaten, die sich auf Stellenausschreibungen bewerben, gibt einen fundamentalen Unterschied: Die Kandidaten, die Sie kontaktieren, haben sich nicht bei Ihnen beworben.
Was bedeutet das für Sie? Zum Einen: Sie bewerben sich und Ihr Unternehmen. Nicht anders herum. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie viele Unternehmen hier noch immer falsch vorgehen und potentielle Kandidaten verärgern. Und das spricht sich auf dem Markt extrem schnell herum.
Zum Anderen: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Setzen Sie sich damit auseinander, welches die wichtigsten USPs Ihrer Vakanz und Ihres Unternehmens sind. Versuchen Sie nicht, Kandidaten diese wahllos „mit der Schrotflinte“ um die Ohren zu schießen, sondern stimmen Sie 2-3 individuell auf die Person ab. Einen Kandidaten, der bei einem Beratungshaus tätig ist, werden Sie z.B. wahrscheinlich nicht mit Gehaltsthemen erreichen. Aber eine Inhouse Position, in der er nicht mehr die gesamte Woche verreisen muss, ist eine ganz andere Sache.
Viele potentielle Kandidaten sind zudem unregelmäßig online und werden tagtäglich mit Stellenanfragen überhäuft. Schreiben Sie daher eine kurze (!), wertschätzende (!!) Kontaktaufnahme und pasten Sie nicht einfach Ihre Stellenbeschreibung in die Mail. Da die meisten Kandidaten ihre Nachrichten via Smartphone lesen, überfrachtet das und führt direkt zu Ablehnung. Und: fassen Sie nach! Gerade dieser Punkt geht oft unter, ist aber bei latenten Talenten von elementarer Bedeutung.
Häufig werden die Kandidaten zum Zeitpunkt Ihrer Kontaktaufnahme kein Interesse haben. Daher geht es neben der reinen Besetzung zu einem Großteil darum, Netzwerke und Kontakte aufzubauen, die in den nächsten Monaten Früchten tragen werden, wenn die Situation sich ändert. Denn das Netzwerk, dass Sie mit Active Sourcing aufbauen, wird gerade im demographischen Wandel um Längen relevanter sein als es eine passive Suche sein kann.
Wenn Sie diese Punkte umsetzen, steht einem erfolgreichen social media Recruiting nichts im Weg. Ich wünsche Ihnen dafür viel Erfolg und freue mich immer über einen Erfahrungsaustausch.